Diese Arbeit ist eine Fortsetzung oder Weiterentwicklung meiner Arbeit vom 24.02.2019
https://www.andrea-schmidt-anders.de/ein-ring-ein-gefaess/
Zum Kreieren/Machen und zum Prozess:
Meine Idee bei dieser Arbeit ist es, den Trauring in eine Halbschale aus Feinsilber zu prägen, um ein bleibendes Zitat seiner Existenz zu erzeugen. Größe und ein Teil der Form wird so für immer verewigt. Dabei entsteht eine Standfläche, die an den Boden einer Tasse erinnert. Nun kann diese Halbschale stehen.
Wenn ich solch eine Arbeit beginne ist selten klar, was es wird. Eine Brosche, ein Schmuckanhänger oder oder oder … Das macht die Spannung und manchmal auch Anstrengung bei solchen Prozessen aus.
Das entstandene Gefäß mit seinem unebenen Rand rührt mich und ich beschließe – auch wenn ich eigentlich Schmuck mache wollte – es bei diesem Gefäß zu belassen, indem ich ihm seinen hohen Rand lasse.
Ich teile den Trauring und löte einen Teil in seinen Grund. Die andere Trauringhälfte schmiede ich größer und fertige einen klassichen Goldrand für dieses kleine Gefäß. Die halbrunde Aussparung unter dem Goldrand zitiert auch noch einmal die Ringgröße des ursprünglichen Traurings.
Zur Funktion/Deutung:
Es ist „zwar“ ein Gefäß entstanden, was mich optisch anrührt, aber ich spüre auch wie sehr es mich irritiert.
Ich bin von anderen Gefäßen einen glatten Rand gewöhnt, der parallell zur Standfäche verläuft. Ein Henkel gibt mir normaler Weise vor, wo ich die Tasse packen kann. Wie soll ich dieses Gefäß fassen? Wenn ich daraus trinke, wo sollen meine Lippen ansetzen? Der schräge Rand und das halbrunde Loch am Rand bieten die Gefahr, dass Flüßigkeit herausschwappen könnte.
Die Größe dieses Behälters erinnert an eine japanischen Teeschale. Irgendwie hab ich das Gefühl, wenn wenig Flüssigkeit eingefült wird, dann handelt es sich um eine ganz besondere Flüssigkeit.
Durch die Schwarzfärbung im Inneren will ich dieses Ungleichgewicht deutlich machen und betonen.
Es verlangt mir also etwas Aufmerksamkeit ab, wenn ich diese Schale wirklich als Trinkgefäß nutzen will. Es zwingt mich zur Ruhe und zur Konzentration.


4 Antworten
Ich durfte diese Schale in meinen Händen halten und ich war tief beeindruckt. Nicht nur die edlen Metalle, die hier verarbeitet wurden, die Ausführung ohne Schnörkel waren es, die mich anrührten. Es war das Wissen um den Ehering, der hier eingearbeitet wurde. Es gab mir das Gefühl ein sakrales Gefäß in den Händen zu halten. Und da tauchten Gedanken / Fragen auf: Welche Charaktereigenschaften hatte wohl der Mensch, der diesen Ring einst getragen hatte? Wer wird das Gefäß einmal besitzen und was wird sie / er spüren, wenn sie / er es in den Händen hält und vielleicht daraus trinkt? Gedanken / Fragen … es sind keine Antworten gefordert. Sie würden den Gedankenfluss hemmen. Eines noch: Andrea, Du hast ein wunderschönes Gefäß geschaffen und wer sich darauf einlassen kann, spürt die Mystik, die es umgibt.
Es ist sehr schön zu lesen, wie sehr du dich mit allen Facetten deines Objektes befasst. Du möchtest nicht einfach ein Schmuckstück herstellen, du möchtest dem alten Ring eine neue Aufgabe zuweisen, ihm dauerhaft einen Sinn geben und bindest den Leser in den Prozess mit ein. Du forderst ihn geradezu auf, sich daran zu beteiligen, indem du den Zweck des Objektes offen läßt. Deine Denkansätze bezüglich der weiteren Verwendung des Gefäßes stupsen den Betrachter auf andere Wege und so beschäftigt man sich dann doch mehr mit dem Stück als erwartet.
Die Öffnung lädt den Finger ein, durch sie geführt zu werden und das Gefäß so zu halten. Somit hast du dem goldenen Rand und der Öffnung die Aufgabe des alten Ringes übertragen. Die Schwarzfärbung könnte Aufschluss über die mögliche Füllhöhe geben und hätte somit neben dem spirituellen auch noch einen praktischen Gedanken.
Als Flüssigkeit stelle ich mir auch etwas besonderes vor. Es könnte etwas Aromatisiertes zur Erfrischung des Gesichts sein, ein edles Öl zur Massage oder etwas Wasser zur Taufe eines Kindes, so würde sich der Kreis wieder schließen.
Ich sehe in dem Stück kein Trinkgefäß. Allein die Tatsache, dass Teile des Gefäßes mal an den Händen von Menschen mit einer Geschichte gesteckt haben, rückt bei mir den Gedanken daraus zu trinken in weite Ferne.
Was auch immer der spätere Besitzer mit diesem Gefäß macht, daß Wissen über den Ring in ihm, lassen es ihn mit einem erhöhten Bewusstsein machen, bedacht, und was könnten sich der Künstler oder die Menschen, die das entstehen dieses Gefäßes ermöglicht haben, mehr wünschen. Etwas Bleibendes zu schaffen, sowohl materiell als auch spirituell.
Du regst mit deinen Blog zum denken und philosophieren an und es ist schön zu sehen, wo man selbst landet, wenn man sich darauf einläßt.
So 100 %ig habe ich die Idee dahinter, Trauringe in ein Gefäss zu schmieden noch nicht verstanden, aber insgesamt sieht es sehr toll aus, gefällt mir gut.
Hallo,
entschuldigen Sie bitte die verspätetete Antwort.
Ich weiß jetzt nicht genau wo ich ansetzten soll, aber versuche einfach mal eine Antwort.
Bei dieser Arbeit handelt es sich um meinen Wettbewerbsbeitrag zum Staatspreis NRW. Ich beschäftige mich dabei mit der Leere, die in einem Trauring entsteht, wenn der Mensch darin fehlt. Es geht darum die Leere mit neuem Leben zu füllen.
Bei der Arbeit mit dem Gefäß war der Gedanke, den Trauring in einem anderen Material zu verewigen – mit Hilfe der Technik des Prägens. So wie der Mensch Spuren in meinem Leben hinterlassen hat, hinterläßt nun der Trauring Spuren in einem weicheren Material. Dabei gefiel mir die Form einer Schale besser als die eines planen Bleches. So ist durch die Prägung des Trauringes eine Standfläche und somit ein stehendes Gefäß entstanden.
Den Ring habe ich anschließend geweitet und dem Gefäß damit einen schmückenden Rand gegeben.
Allgemein geht es darum, die Leere inmitten eines Trauringes zu weiten und mit etwas neuem zu füllen. Es geht um eine bewusste Verwandlung des Ringes – weg vom Ring, hin zu einem anderen Schmuckstück wie einem Kettenanhänger, einer Brosche oder in diesem Fall zu einem Gefäß. Ich biete nur Wahlmöglichkeiten an – die Entscheidung, in welche Richtung sich etwas verwandlet, liegt beim Kunden.
Ich hoffe ich konnte Ihre Frage damit beantworten.
Lieben Dank Andrea Schmidt